Aktive Partnerschaften im Versorgungsprozess

Andrea Schmidt-Rumposch, Pflegedirektorin und Mitglied des Vorstands der Universitätsmedizin Essen, über die Profession Pflege in der Pandemie

Ein weiteres Pandemie-Jahr liegt hinter uns, ein weiteres Jahr mit großen Belastungen für das Pflegepersonal an der Universitätsmedizin Essen. Wie sind Ihre Mitarbeitenden aus dem Pflegebereich durch dieses Jahr gekommen?

Andrea Schmidt-Rumposch: Das vergangene Jahr war für alle Mitarbeitenden eine große Herausforderung – insbesondere aber für diejenigen, die COVID19-Patientinnen und -Patienten versorgt haben. Auch wir selbst mussten immer wieder mit krankheitsbedingten Personalausfällen umgehen. Es ist uns dennoch gut gelungen, diese Belastungsspitzen zu bewältigen, weil wir interprofessionell und interdisziplinär gut zusammengearbeitet und uns eng miteinander abgestimmt haben. Alle Teams haben sich hervorragend gegenseitig unterstützt. Zudem ist es 2021 durch intensive Bemühungen gelungen, einige neue Mitarbeitende zu gewinnen. Zusammenfassend kann ich nur sagen: Unsere Teams haben in den vergangen zwei Pandemiejahren Großartiges geleistet.

Sie setzen sich schon lange für die Anerkennung der „Profession Pflege“ ein, das heißt für die Gleichbehandlung der Fachlichkeit Pflege analog zur Ärzteschaft … Konnten Sie in diesem Bereich an der Universitätsmedizin Essen 2021 weitere Schritte einleiten?

Andrea Schmidt-Rumposch: Neben allen tagesaktuellen Herausforderungen dürfen wir die Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen sowie die Weiterentwicklung und Stärkung der Profession Pflege nicht aus dem Auge verlieren. Das ist mir wichtig. Die Pflege muss in Zukunft einen aktiven Part in der Gestaltung des Versorgungsprozesses übernehmen. Voraussetzung dafür ist die Analyse von Aufgabenzuschnitten: Verantwortungs- und Kompetenzbereiche in der Pflege müssen erweitert werden. 2021 konnten wir in diesem Sinne unsere Qualifikationsangebote weiter verbessern – von Angeboten für die Pflegefachassistenz bis hin zum dualen Studium. Dadurch wird es uns nicht nur gelingen, hervorragende Angebote für eine immer komplexer werdende Patientinnen- und Patientenversorgung zu schaffen. Wir gehen auch einen wichtigen Schritt in Richtung Patientensicherheit und schaffen attraktive Karrieremöglichkeiten in der Pflege.

Als konsequente Weiterentwicklung des Smart Hospitals hat sich die Universitätsmedizin Essen jetzt auf den Weg zum Green Hospital gemacht. Was haben Sie sich für den Pflegebereich vorgenommen, um klimafreundlicher zu werden?

Andrea Schmidt-Rumposch: Wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen, müssen wir vor allem über ressourcenschonendes Arbeiten sprechen. Die Pflege von morgen beinhaltet die Nachhaltigkeit von Prozessen und Arbeitsabläufen. Basis dafür liefert uns die Digitalisierung. An der Universitätsmedizin Essen ist der Bereich der Pflege wichtiger Bestandteil der Smart-Hospital-Initiative. Die Elektronische Patientenakte (EPA) ist flächendeckend ausgerollt und entlastet nicht nur bei der Dokumentation. Sie beinhaltet auch zahlreiche digitale Tools, die unser Fachpersonal entlastet. Dadurch können wir zum Beispiel Prophylaxemaßnahmen frühzeitig und zielgerichtet einleiten. Zur Nachhaltigkeit in der Pflege gehören aber auch die Gesundheitsförderung und Maßnahmen zur Prävention – für unsere Patientinnen und Patienten ebenso wie für unsere Mitarbeitenden.

Nachhaltigkeit bedeutet also nicht nur einen behutsamen Umgang mit Ressourcen wie Energie und Wasser, sondern auch mit menschlichen Ressourcen …

Andrea Schmidt-Rumposch: Auf jeden Fall. Wenn die Mitarbeitenden aus der Pflege sich aktiv mit in die Strukturveränderungen der Versorgung einbringen können, ist das die beste Voraussetzung, nachhaltig zu handeln und auf Dauer leistungsstark zu sein. Das Recht zur Selbstgestaltung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Deshalb legen wir in der Personalentwicklung großen Wert auf beste Qualifikationsmöglichkeiten. Der von uns gemeinsam mit der FOM Hochschule für Ökonomie & Management entwickelte Studiengang „Pflege und Digitalisierung“ geht bereits ins zweite Jahr. Dort können Pflegepersonen berufsbegleitend und ausbildungsintegrierend studieren. Darüber hinaus haben wir ein zwölfmonatiges Trainee-Programm für die Intensivpflege etabliert. Es eröffnet Pflegefachpersonen, die bisher keine Erfahrungen in der Intensivpflege haben, strukturiert – mit einer Kombination aus fundierter Theorieausbildung und praxisorientierter Begleitung – sich für die Intensivpflege zu qualifizieren.