Was waren aus Ihrer Sicht als Klinikmanager die größten Herausforderungen im zweiten Jahr der Pandemie?
Prof. Dr. Jochen A. Werner: Auch im zweiten Jahr der Pandemie war es ein Anliegen von uns, unsere Beschäftigten nicht zu überlasten. Wir haben unsere Planungen dahingehend immer wieder angepasst, konnten aber Belastungsspitzen aufgrund der dynamischen Pandemieentwicklung nicht immer ausschließen. Ich kann mich an dieser Stelle nur bei allen unseren Mitarbeitenden bedanken, die auch unter großem Druck ihr Bestes gegeben haben.
Ein zweites Thema, das uns 2021 sehr beschäftigt hat, war die Impfung aller unserer Mitarbeitenden. Durch die intensive Zusammenarbeit vieler Beteiligter konnten wir eine Impfquote von über 98 Prozent erreichen. Das hat uns gut durch die Delta-Welle gebracht. Und auch wenn mit Omikron leider eine große Anzahl unserer Mitarbeitenden infiziert war oder in Quarantäne musste, sind glücklicherweise nur sehr wenige schwerer erkrankt.
Was wir als Klinikmanager ebenfalls nicht aus den Augen verlieren durften, war die Versorgung unserer Non-COVID-Patientinnen und -Patienten. Die Universitätsmedizin ist schließlich der größte Versorger in der Region in der onkologischen, kardiologischen und der Transplantationsmedizin. Trotz aller COVID19-Herausforderungen haben wir auch 2021 alles daran gesetzt, hier unseren Versorgungsauftrag zu erfüllen und spitzenmedizinische Leistungen zu liefern.
Warum ist das Thema Nachhaltigkeit in der Medizin so wichtig?
Prof. Dr. Jochen A. Werner: Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist die zentrale Aufgabe der Zukunft. Was meine ich damit? Das Gesundheitswesen gehört zu den großen Emittenten von Treibhausgasen. Natürlich ist die Heilung von Patientinnen und Patienten sowie die Linderung von Erkrankungen unsere Kernaufgabe – oder wie es Ökonomen ausdrücken: Darin liegt unsere Wertschöpfung. Aber Menschen können nur in einer intakten Umwelt gesunden und gesund bleiben. Deshalb haben wir an der Universitätsmedizin Essen ein vielfältiges Portfolio von Maßnahmen entwickelt, um uns dem Thema Nachhaltigkeit aktiv zuwenden zu können.
Green Hospital und Smart Hospital: Was verbindet diese Transformationsprozesse?
Prof. Dr. Jochen A. Werner: Die Transformation zum Smart Hospital ist die Voraussetzung für alle Schritte in die Zukunft. Ohne Digitalisierung ist keine Weiterentwicklung möglich. So war es die logische Konsequenz, die Entwicklung zum Smart Hospital konsequent weiterzutreiben und darauf aufbauend nun auch den Wandel zum Green Hospital einzuleiten. Das Smart Hospital ist das digitale Rückgrat für eine erfolgreiche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit. Wenn wir etwas erreichen wollen, benötigen wir Messwerte. Wie ist unsere Energiebilanz? Wieviel Müll fällt an? Die Analyse dieser Auswertungen befähigt uns, wirkungsvolle Maßnahmen zu konzeptionieren und umzusetzen.
Sparen und investieren – (k)ein Widerspruch?
Prof. Dr. Jochen A. Werner: Die Digitalisierung eines Krankenhauses ist zunächst ein Invest-Geschäft. Wenn die Prozesse aber eines Tages reibungslos laufen, dann bieten sich viele Einsparpotenziale. Dann können wir zahlreiche Störfaktoren ausschalten, Material einsparen, Wartezeiten reduzieren, Ressourcen effektiver nutzen – und wir können uns auf das konzentrieren, was die wichtigen Aufgaben der Universitätsmedizin sind: die Versorgung kranker Menschen, eine zugewandte Pflege und die Erforschung neuer Heilmethoden und -mittel.